Ein Großteil der Online- und OfflineunternehmerInnen nutzen regelmäßig Social Media, um sichtbar zu werden, Reichweite aufzubauen und Kunden anzuziehen. Um auf den verschiedenen Kanäle wie Facebook, Instagram, TikTok & Co. wirklich erfolgreich zu sein, braucht es einiges an Wissen, wie die jeweilige Plattform tickt. Und natürlich auch viel Zeit, um passenden Content für die Zielgruppe zu erstellen sowie sich mit der Community auszutauschen. Das kann ziemlich anstrengend sein. Und auch frustrierend, wenn der Erfolg auf sich warten lässt. Oder man ist eigentlich gar nicht der Typ ist, der sein Gesicht ständig für Stories und Reels in die Kamera halten will.

Da stellt sich natürlich die Frage: Geht auch Selbständig sein ohne Social Media? Genau diese Frage habe ich Alexandra Polunin gestellt. Als Onlineunternehmerin hat sie sich komplett von Social Media verabschiedet und ist trotzdem erfolgreich.

Inhaltsverzeichnis

Liebe Alex, du bist schon länger im Online-Business unterwegs und kennst verschiedene Facetten im Online-Marketing. Wie bist du in die Online-Welt eingetaucht und welche Stationen bist du hier gegangen?

Eigentlich komme ich ja aus der Wissenschaft. Ich habe nach der Geburt meines zweiten Kindes in Linguistik promoviert und zum Verhältnis von Sprache und Macht in Erziehungsdiskursen geforscht. Da ich für mein Thema weder eine Stelle noch ein Stipendium bekommen habe, musste ich mich selbst finanzieren. Deshalb habe ich – als Notlösung quasi – angefangen, nebenbei zu texten und zu lektorieren. Das waren meine ersten Berührungspunkte mit dem Thema Selbstständigkeit und der Onlinewelt.

Damals war ich klassisch „selbst und ständig“ – der Kunde war König und ich stand immer und überall zur Verfügung, wenn ich gebraucht wurde. Mit Erfüllung oder finanziellem Erfolg hatte dieses Arbeitsmodell nichts zu tun.

Anfang 2016 habe ich dann angefangen, über Marketing zu bloggen, und irgendwann das Thema Pinterest für mich entdeckt. Damals lief Pinterest bei den meisten noch völlig unter dem Radar und ich war eine der wenigen in Deutschland, die sich auf die Plattform spezialisiert hatten. Dementsprechend habe ich schnell KundInnen gefunden und mich als Pinterest-Expertin etabliert.

Vier Jahre später gab es dann so viele Pinterest-VAs, dass ich den Wunsch hatte, mich noch nischiger zu positionieren. Denn ich habe gemerkt: Nicht nur meine Pinterest-Expertise wird gebraucht, sondern auch das Wissen, wie ich ein erfolgreiches Onlinebusiness rund um die Pinterest-Dienstleistung aufbaue: wie ich Pinterest-Pakete schnüre, mich vermarkte, KundInnen finde. Deshalb habe ich eine Mastermind für Pinterest-VAs und -Beraterinnen ins Leben gerufen.

Viele waren damals irritiert, weil ich ja quasi mit meiner „Konkurrenz“ zusammenarbeitete. Aber es war eine so schöne, wertvolle Erfahrung, sich – ohne Neid und Konkurrenzdenken – mit Gleichgesinnten zu vernetzen.

In dieser Zeit habe ich mir ein Team aufgebaut und mein Business skaliert.

Wir haben uns 2021 im Rahmen deiner Pinterest Rockstars Mastermind kennengelernt, an der ich gleich zweimal teilgenommen habe. Viele Jahre hast du dein geballtes Wissen als Pinterest-Expertin weitergegeben. Warum die Veränderung hin zu deinem jetzigen Thema “Social-Media-frei”?

Als Corona kam, wurde mir irgendwie auf einmal alles zu viel. Ich empfand die sozialen Netzwerke als viel zu laut, mein Business als viel zu einengend und meinen Alltag, der aus posten und Storys machen bestand, als nicht erfüllend. 

Also begann ich, mich Schritt für Schritt aus Social Media zurückzuziehen … 

Damals dachte ich noch, dass ich einfach nur eine Social-Media-Pause einlege. Aber schon bald stellte sich heraus, dass sich etwas Grundlegendes in mir verändert hatte: 

Ich hatte keine Lust mehr auf das „Schneller, Höher, Weiter“ im klassischen Marketing. Ich hatte auch keine Lust mehr, mein Leben nach den Regeln von Mark Zuckerberg auszurichten und ständig im Hustle-Modus zu sein. 

Und als ich dann angefangen habe, darüber auf meinem Blog oder auch in meinen Webinaren zu erzählen, merkte ich, dass es vielen Selbstständigen so ging. 

Im Sommer 2021 reifte dann der Wunsch in mir, nicht nur selbst kein Social Media mehr zu nutzen, sondern auch andere Selbstständigen dabei zu unterstützen, ihnen Mut zu machen und Alternativen aufzuzeigen.

Mit welchen Herausforderungen kommen deine KundInnen zu dir?

Die meisten, die zu mir kommen, eint die Einsicht, dass das klassische Marketing nichts (mehr) für sie ist. 

Der Lärm auf Social Media.
Der Druck beim Launchen.
Die „Psychotricks“, die wir angeblich beim Verkaufen anwenden müssen, weil sonst niemand unsere Sachen kauft. 

All das wollen sie nicht (mehr), weil es ihnen und ihren Werten nicht (mehr) entspricht. Gleichzeitig wissen sie aber nicht, was die Alternative zum gängigen Marketing sein könnte. Wie ein Onlinebusiness funktionieren könnte, wenn man nicht ständig im Hustle-Modus ist und es sich erlaubt, seinen Stärken zu vertrauen, anstatt immer nur das zu machen, was der Algorithmus von einem will.

Da ich mit „schreibenden“ Strategien helfe, kommen in der Regel auch Menschen zu mir, die wissen wollen, wie sie ihre KundInnen „schreibend“ gewinnen können: wie sie ansprechende Texte für ihre Verkaufsseite oder Über-mich-Seite schreiben, wie sie Keywords für ihren Blog recherchieren oder mit Blogartikeln verkaufen.

Besonders introvertierte UnternehmerInnen tun sich oft schwer mit Social-Media? Geht es nur ihnen so? Wie sind da deine Beobachtungen?

Ich würde schon sagen, dass die Schnittmenge von „introvertiert“ und „keine Lust auf Social Media“ groß ist. Allerdings kommen durchaus auch extrovertierte Unternehmerinnen zu mir. 

Ihnen geht es dann vielleicht nicht um die Energie, die ihnen Social Media raubt, sondern eher um die Themen Zeit, Produktivität und Effizienz. 

Denn natürlich kann Social Media nicht nur mental anstrengend sein, sondern auch ein wahrer Zeitfresser. Wer mit seiner Zeit gut haushalten muss, kommt schnell zu der Frage: Lohnt sich Social Media eigentlich für mich? Sind die zwei Stunden, die ich täglich für Instagram brauche, wirklich gut investierte Zeit? 

Viele kommen dann zu mir mit dem Wunsch nach einem nachhaltigeren Marketing, das idealerweise zu ihren Stärken und Werten passt. Und dann sind wir oft beim Thema Website, Blog oder Newsletter.

Selbstständig ohne Social Media - Interview mit Alexandra Polunin

Viele denken, dass man ohne Social-Media nicht sichtbar und erfolgreich sein kann. Ein falsches Mindset hindert oftmals daran, seinen eigenen Weg im Umgang mit Social Media zu finden? Was empfiehlst du hier, um sich von falschen Glaubenssätzen zu lösen?

Für mich sind unsere Filterbubbles ein großes Problem. Oft ist es so, dass wir auf Instagram Accounts folgen, die alle irgendwie dasselbe behaupten. Und dann kommen wir gar nicht auf die Idee, dass es auch anders geht, dass es Menschen gibt, die es anders machen. Wir sind in einer Bubble gefangen und sehen das, was dort behauptet wird, als unumstößliche Wahrheit an. 

Ein erster Ansatz wäre zu sagen: Raus aus der Bubble! 

Mit anderen Worten: Such dir Menschen, die es anders machen. Lese andere Blogs. Hör dir andere Podcasts an. Buche Onlineprogramme von UnternehmerInnen, die Achtsamkeit nicht nur fordern, sondern auch selbst leben.

Ich sehe das immer wieder in meiner Mastermind: Wenn sich da eine Gruppe von Einzelunternehmerinnen versammelt, die ähnliche Werte teilt, ist es immer wie ein Aufatmen, wie ein Befreiungsschlag für die Teilnehmerinnen. 

Zu merken „Boah, es gibt noch mehr Menschen, die so ticken wie ich“ ist ungeheuer kraftvoll. Denn wir müssen da natürlich nicht alleine durch.

Ist ein Leben komplett ohne Social Media der einzig richtige Weg?

Nein, überhaupt nicht. Es ist mein Weg und natürlich ist es vollkommen in Ordnung, wenn jemand sagt: Social Media macht mir Spaß und ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als mich dort zu zeigen oder mich mit meiner Community auszutauschen. 

Ich sehe aber, dass viele Menschen gerade wegen Social Media leiden. Zum Beispiel weil sie die Vergleicheritis dort nicht aushalten und sich schlecht fühlen, sobald sie nur die Apps öffnen. Oder weil sie die Anforderungen der Algorithmen mürbe machen und ihnen sämtliche Freude an ihrem Business rauben.

Diesen Menschen würde ich gerne sagen: Mir geht es ganz genauso. Vielen Menschen geht es genauso. Und es ist völlig in Ordnung, dass wir keine Lust haben, unser Gesicht täglich in den Storys zu zeigen. Wir müssen es auch nicht.

Es freut mich, wenn ich Menschen dann zeigen kann, dass es auch anders geht. Und dass wir nicht gezwungen sind, Social Media zu nutzen, nur weil wir uns selbstständig gemacht haben.

Es gibt eine Fülle von verschiedenen Möglichkeiten, wie man auch ohne Social-Media sichtbar werden kann. Welche 3 Möglichkeiten bieten aus deiner Sicht das größte Potential für mehr Reichweite und Sichtbarkeit?

Ich würde immer bei den eigenen Stärken ansetzen. Ich z.B. schreibe gerne, deshalb nutze und empfehle ich auch „schreibende“ Strategien.

Ein Blog zum Beispiel ist eine tolle Möglichkeit, neue Menschen auf die Website zu ziehen, sich persönlich zu zeigen und Vertrauen aufzubauen. Zusammen mit Suchmaschinenoptimierung (SEO) ist das eine gute Basis, um auch ohne Social Media online sichtbar zu werden. Und Kaufabschlüsse gibt es dann, indem ich in meinem Newsletter über meine Angebote erzähle.

Und schließlich säe ich auch noch gerne „Reichweiten-Samen“, indem ich in anderen Blogs, Podcasts oder Onlinemagazinen erscheine. Ich bekomme immer wieder Nachrichten von Menschen, die mir sagen: „Ich habe dich neulich in Podcast X gehört und bin auf dich aufmerksam geworden.“ 

Weitere Ideen für ein Onlinebusiness ohne Social Media habe ich übrigens in meinen Kursen gesammelt.

Pinterest wird ja oft als Social-Media-Kanal gesehen, was aber so nicht stimmt. Welche Rolle spielt Pinterest bei deinem Thema “Social-Media-frei”?

Ehrlich gesagt: Keine mehr. 

Nachdem ich fast sechs Jahre lang Pinterest als Marketingkanal für mein Business genutzt und phasenweise bis zu acht Millionen Betrachter im Monat erreicht hatte, habe ich im Frühjahr 2022 aufgehört aktiv zu pinnen. Wegen unüberbrückbarer Differenzen, wie man so schön sagt.🙂

Als ich 2016 mit Pinterest begonnen habe, war die Plattform noch eine visuelle Suchmaschine durch und durch. Wer regelmäßig gepinnt und seine Inhalte mit Keywords optimiert hatte, konnte sich in der Regel über zuverlässigen Traffic und viele neue Menschen auf der Website freuen. Im Jahr 2022 war das bei mir und vielen anderen, die ich beraten habe, nicht mehr so ohne Weiteres möglich. 

Und so wie ich keine Lust hatte, auf Facebook und Instagram nach Mark Zuckerbergs Regeln zu spielen, hatte ich irgendwann keine Lust mehr, die neue Bedingungen von Pinterest zu befolgen. Deshalb habe ich letzten Endes auch zu Pinterest bye bye gesagt.

Letztes Jahr hast du deinen Herzenswunsch erfüllt, ein eigenes Buch zu schreiben und zu veröffentlichen. Ich weiß, dass ein weiteres Buch bereits in Planung ist. 😉 Magst du den Lesern verraten, um welche Themen es hier geht?

Nach dem Rückzug aus Social Media und der Erkenntnis, dass ich die Antworten auf die wichtigen Fragen in der Selbstständigkeit nicht im Außen finde, geht es in meinen Büchern um den Weg nach innen. 

Ich möchte Selbstständigen und EinzelunternehmerInnen Mut machen, sich davon zu verabschieden, was man angeblich machen muss, wenn man ein Onlinebusiness hat, und sich stattdessen auf die eigenen Fähigkeiten, Wünsche, Werte, Bedürfnisse und Ideen zu fokussieren.

Das erste Buch heißt „Alles, was ich brauche, ist in mir“*, und es ist eine Sammlung von kraftvollen Botschaften für Selbstständige. Diese Affirmationen helfen dabei, innere Stärke, Selbstvertrauen und Gelassenheit als Selbstständige zu entwickeln. Um dann vielleicht sagen zu können: „Ich gehe meinen eigenen Weg und ich vertraue meinen Fähigkeiten und Ideen, selbst wenn es am Anfang vielleicht schwierig ist.“

Im zweiten Buch, das schon bald erscheinen wird, habe ich kraftvolle Fragen für Selbstständige gesammelt. „Fragen“ – das klingt so banal. Sie sind für mich aber das Tool, um in herausfordernden Situationen – bei Selbstzweifeln, Unzufriedenheit oder Überforderung – wieder für Klarheit zu sorgen und in die Umsetzung zu kommen.

Welche 3 Tipps rund um Social Media möchtest du den Lesern noch auf ihrem Weg mitgeben?

Gehe von deinen Stärken aus: Social Media ist kein Muss für Selbstständige, sondern nur eine von vielen Optionen, um online sichtbar zu werden und KundInnen zu gewinnen. Falls Social Media im Allgemeinen oder ein Kanal im Besonderen nicht zu den eigenen Stärken passt – dann halt nicht. Zwing dich nicht zu Aufgaben, die dich nicht erfüllen und keine Ergebnisse bringen. Und vertraue dir im Zweifel mehr als Ansagen von ExpertInnen, die dich gar nicht kennen und keine Ahnung haben, wer du bist und was du kannst.

Du hast ein Recht auf richtige Pausen: Als ich noch auf Instagram war, hatte ich folgende Dinge in der Regel nicht: Richtigen Feierabend, richtiges Wochenende, richtigen Urlaub. Selbst wenn ich eigentlich frei hatte, habe ich noch Kommentare gecheckt oder eine Instastory gedreht, doch das war eine ganz schlechte Idee: Denn erholsam sind solche Pausen in der Regel nicht. Selbst wenn du also Social Media gerne nutzt, sind Social-Media-freie Zeiten wichtig, um neue Kraft zu schöpfen. Und: Wir müssen nicht immer für alle erreichbar sein. Schließlich sind wir keine Chirurgen in der Notaufnahme. 

Mach kleine Schritte: Falls du tatsächlich überlegst, dich von einzelnen Kanälen zu verabschieden, sind kleine Schritte oft leichter – und weniger beängstigend. Bevor du z.B. deinen Instagramkanal unwiderruflich löschst, kannst du erst einmal aufhören zu posten (und gucken, was passiert), anderen Accounts entfolgen (und gucken, was passiert), die Instagram-App deinstallieren (und gucken, was passiert), deinen Account deaktivieren (und gucken, was passiert). Und plötzlich klingt „Instagramkonto löschen“ machbar – und versetzt dich nicht mehr allzu sehr in Panik.

Vielen lieben Dank für das Interview, liebe Alex!


Über Alexandra Polunin

Alexandra Polunin glaubt fest daran, dass Social Media keine Pflicht für Online-UnternehmerInnen ist, sondern nur eine von vielen Optionen. In ihren Mentorings und ihrer Mastermind unterstützt sie deshalb andere Selbstständige dabei, nachhaltige, achtsame Marketingstrategien zu implementieren und auch ohne Social Media online sichtbar zu werden und Dienstleistungen oder digitale Produkte zu verkaufen. 

Website: https://www.alexandrapolunin.com/


Selbstständig ohne Social Media - Interview mit Alexandra Polunin
Selbstständig ohne Social Media - Interview mit Alexandra Polunin

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